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INTERESSANTE ZEITUNGSMELDUNGEN

 

 

 

Quelle

Südkurier  ;   www.skol.de 

Erscheinung

14.04.12

Thema

Gefährliche Schwerstarbeit am Seil

 

 

GEFÄHRLICHE SCHWERSTARBEIT AM SEIL

 

Die roten Doppelstockzüge der Schwarzwaldbahn durchqueren auf der abwechslungsreichen Strecke den Schwarzwald vom Bodensee zum Oberrheintal. Der aufmerksame Blick aus den Fenstern im Panoramadeck zwischen Sommerau und Hornberg bietet ungewöhnliche Perspektiven - manchmal aber auch unerwartete Überraschungen. Kletterte da nicht gerade an der schroffen Felswand, unmittelbar neben dem Gleis, eine Seilschaft von drei jungen Männern?

Schon seit mehreren Wochen arbeiten Tobias Schröfel, Marcel Petzold und David Schmid im wagemutigen Einsatz an den steilen Felsen im spektakulärsten Streckenabschnitt der Schwarzwaldbahn. Bei der Umrundung des Seelenwalds verlaufen die Gleise hoch über dem Tal am Steilhang - zwischen dem zweiten und dritten Seelenwaldtunnel ist der Blick aus dem Zug hinunter ins Gremmelsbachtal geradezu schwindelerregend. Hierhin und zu weiteren Einsatzstellen gelangen die drei Kletterer der Firma Sachtleben aus Wolfach nur durch einen langen Fußmarsch auf dem Gleis.

Begleitet werden sie von Mitarbeitern der Bahn und natürlich den Sicherheitsaufsichten. Das Arbeitsgleis muß zuvor für den Zugverkehr gesperrt werden, um den Einsatzort über das Gleis erreichen zu können. Außerdem muß die Oberleitung des betreffenden Gleises abgeschaltet und geerdet sein, denn mit 15000 Volt ist nicht zu spaßen.

Am Ort des Geschehens angekommen, wird die Schutz- und Sicherheitsausrüstung der drei Kletterer komplettiert, die Motorsägen bereitgemacht. Dann erfolgt der Einstieg in die Wand. Und was dort zu tun ist, das weiß Karl Bolli ganz genau, denn er ist der Bezirksleiter beim Regionalnetz Südbaden der Deutschen Bahn Netze in Villingen.

"Seit Mitte März werden entlang der Schwarzwaldbahn zwischen Triberg und St. Georgen umfangreiche Felssicherungs- und Felsberäumungsarbeiten durch die DB Netz AG durchgeführt" teilt Bolli mit. Für die Felsberäumung müssen die Kettensägen mitgeschleppt werden. Es sei erstaunlich, welch stattlichen Bäume auf dem kargen Felsgestein herangewachsen sind.

So schön sie aussehen mögen, eines Tages würden sie doch, gefolgt von allerlei Gestein, in die Oberleitung und im Gleis liegen. "Die DB Netz AG als Infrastrukturbetreiberin ders Schienennetzes ist im Rahmen der Schienennutzungsbedingungen zum sicheren Unterhalt der Strecke verpflichtet" erklärt Bolli hierzu.

Das Schienennetz der Schwarzwaldbahn wird von vielen Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt, allen voran DB Regio mit den stündlichen Doppelstockzügen. Hinzu kommen der Fernverkehr mit einem, am Wochenende zwei Zugpaaren pro Tag, Güterzüge der DB Schenker, aber auch anderer Unternehmen im Frachtverkehr. Und nicht zu vergessen: Die Sonderfahrten, wie die beliebten Tunnelfahrten der Stadt Triberg, gehören zu den Nutzern des Regionalnetzes Südbaden.

Inzwischen fallen Bäume in das gesperrte Gleis und in den schmalen Graben zwischen Gleis und Fels. Nur am Sicherungsseil hängend sägt Marcel Petzold eine sechs Meter hohe Kiefer ab, daß sie ohne Berührung genau zwischen Fels und Oberleitung hindurch fällt. Mit großem Einsatz und sehr routiniert, sich gegenseitig sichernd, räumen die drei Kletterer die Felswand.

Die Arbeit ist ungleich anstrengender, als die Freizeitkletterei an einer vorbereiteten Kletterwand. Mit großer Umsicht muß das Gestein ständig beobachtet werden, denn die Belastung führt häufig zum Absturz kleiner, manchmal auch gewichtiger Felsbrocken. Und zwischendurch wird die Arbeit wegen durchfahrender Züge immer wieder unterbrochen. Oft hängen die Kletterer so lange in wenig komfortabler Haltung am Steilhang.

Nach dem Vegetationsrückschnitt wird die Kettensäge abgelegt und gegen eine lange und schwere Brechstange eingetauscht. "Bedingt durch die extremen Klimaschwankungen der letzten Jahre" erläutert Karl Bolli, "kommt auch der Untersuchung der Felswände im Bergstreckenbereich der Schwarzwaldbahn eine erhöhte Priorität zu". Regelmäßige Inspektionen und Maßnahmen zur Felssicherung sollen einen sicheren Zugverkehr gewährleisten.

Die drei Spezialisten am Felsen spüren jedes lockere Steinchen, aber auch einige hundert Kilogramm schwere Felsbrocken auf. Die lösen sie mit hohem Kraftaufwand heraus. In schwierigen Fällen ist auch die Errichtung provisorischer Sicherungszäune erforderlich, damit die abgelösten Steine auf keinen fall in das Betriebsgleis fallen können. Laut Bolli eine Aufgabe für Spezialfirmen. "Die Abfuhr des abgeräumten Materials erfolgt während der nächtlichen Betriebsruhe durch Zweiwegebagger mit Anhängern" sagt er.

nach einem langen Arbeitseinsatz und dem unbequemen Fußmarsch zu den Fahrzeugen, die auf irgendeinem Waldweg fernab befestigter Straßen warten, können die drei Männer endliche ihre Helme abnehmen, die schwere Schutzkleidung ausziehen und kräftig durchatmen. Anstrengend? "Klar" bestätigt Tobias. "Die Temperaturunterschiede sind ziemlich groß" ergänzt David, "morgens müssen wir noch Eis von den Felsen abschlagen, aber nachmittags kann die Sonne schon ganz schön aufheizen". Unter Zustimmung der Kollegen bringt es Marcel auf den Punkt: "Sehr anspruchsvoll und sehr anstrengend, aber auch irgendwie eine tolle Arbeit hier draußen".

Was für die drei Kletterer - neben der harten Arbeit natürlich - ein sportlicher Spaß ist, ist für den Netzbetreiber vor allem ein kostspieliger. "Die Gesamtkosten der Maßnahme belaufen sich auf einen Betrag von deutlich über 100.000 Euro für den derzeitigen Abschnitt" sagt Karl Bolli.