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INTERESSANTE ZEITUNGSMELDUNGEN

 

 

Quelle

Ministerium für Umwelt und Verkehr

Erscheinung

17.01.01

Schlagzeile

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Dr. Classen
MINISTERIUM FÜR UMWELT UND VERKEHR
BADEN-WÜRTTEMBERG
Pressestelle

Staatssekretär Stefan Mappus: Kahlschlag im Fernverkehr konnte verhindert werden - Qualitätsoffensive für Nahverkehr läuft zeitgleich

Die DB AG hat am 28. September 2000 definitiv mitgeteilt, dass zahlreiche Interregioverbindungen insbesondere auf der Südbahn und auf der Schwarzwaldbahn ab dem kommenden Fahrplanwechsel eingestellt werden; das bisherige Zugmaterial steht ab diesem Zeitpunkt praktisch nicht mehr zur Verfügung. Wie Staatssekretär Stefan Mappus am Mittwoch (17. Januar 2001) vor der Presse erklärte, konnte die Bahn nach schwierigen Verhandlungen dazu bewegt werden, in einem bis zum Fahrplanwechsel Ende 2002 befristeten Programm den größten Teil der im Land betroffenen Verbindungen mit anderem, aber modernisiertem Wagenmaterial weiter zu fahren. "Der von der Bahn einseitig angekündigte Kahlschlag, der ganze Regionen vom Fernverkehr
abgehängt hätte, findet nicht statt. Die Bahn fährt die bisherigen Interregio-Verbindungen ohne Bestellung und Bezahlung durch das Land weiter.

Im Zusammenhang mit der Erklärung der Bahn zur Beibehaltung der bisherigen Interregio-Verbindungen wurde mit der DB AG für den Zeitraum bis zum Jahr 2003 ein Programm zur Verbesserung des Komforts und der Qualität im Schienenpersonennahverkehr vereinbart. Mit diesem Programm, zu dem das Land einen Zuschuss von 29,5 Mio. DM leistet, sollen vor allem circa 170 im
Schienenpersonennahverkehr des Landes eingesetzte Wagen modernisiert werden. Mit dieser Qualitätsoffensive wird kurzfristig besseres Wagenmaterial im Nahverkehr des Landes eingesetzt. Die jetzt gefundene Lösung hält für die Zeit nach dem Fahrplanwechsel Ende 2002 alle Optionen offen*, sagte Staatssekretär Mappus.

Staatssekretär Mappus, der von Ministerpräsident Erwin Teufel mit der Lösung des IR-Problems beauftragt wurde, erinnerte daran, dass das Land sich von Anfang an nachdrücklich gegen die Streichung der Interregios, die mit der Bahnreform dem Fernverkehr zugeordnet wurden, gewandt hat. Auch der Landtag von Baden-Württemberg sei sich in einer fraktionsübergreifend und einstimmig verabschiedeten Entschließung am 25. Oktober 2000 darüber einig gewesen, dass die Bahn und der Bund, sowohl als grundgesetzlicher Garant wie auch als Alleingesellschafter der Bahn, in die Pflicht genommen werden müssen. Gleichlautende Beschlüsse erfolgten jeweils ohne Gegenstimmen Ende September 2000 auf der Verkehrsministerkonferenz und auf Antrag von Ministerpräsident Erwin Teufel im Oktober 2000 auf der Ministerpräsidentenkonferenz. "Für das Land ist klar, dass ohne finanziellen Ausgleich Aufgaben, die nach der Bahnreform eindeutig bei der DB AG und dem Bund liegen, nicht übernommen werden. Dieser Standpunkt entspricht dem jetzt gefundenen Verhandlungsergebnis. Für die fortgeführten Interregioverbindungen trägt ausschließlich die DB AG die finanzielle Verantwortung*, erläuterte Staatssekretär Mappus. Baden-Württemberg wolle unabhängig von der jetzt erfolgten, zeitlich begrenzten Rettungsaktion mit DB Regio - zusammen mit den anderen Bundesländern - am Erhalt des Fernverkehrs im bisherigen Rahmen weiterarbeiten. Dazu werde in den nächsten Wochen eine mit Bayern abgesprochene Bundesratsinitiative zur Rettung des Fernverkehrs eingebracht.

Die DB AG beabsichtigte für den Fahrplanwechsel im Juni 2001 folgende ersatzlose Streichungen im Interregioverkehr:

- Südbahn Ulm - Lindau: alle IR-Züge - insges. acht Zugpaare

- Schwarzwaldbahn Karlsruhe - Offenburg - Konstanz: fünf der sieben Zugpaare; die zwei verbleibenden IR-Paare stehen  vorerst (voraussichtlich bis 2002/2003) als touristische Leistung zur Verfügung

- kompletter Wegfall der IR-Linie aus bzw. nach Saarbrücken, deren Züge teils in Stuttgart, teils in Geislingen oder auch in Ulm enden oder beginnen; damit auch Ausfall der regelmäßigen Anbindung von Vaihingen/Enz an Mannheim und Verschlechterungen im Verkehrsangebot im Filstal

- Murrbahn: beide Zugpaare Stuttgart - Nürnberg

- IR-Zugpaar "Rennsteig" auf der Frankenbahn Stuttgart-Würzburg-Erfurt

- je ein IR von Karlsruhe und Heidelberg nach Stuttgart in der morgendlichen Hauptverkehrszeit im Zulauf auf Karlsruhe bzw. Stuttgart

- IR Stuttgart - Karlsruhe: zwei IR-Zugpaare im Berufsverkehr nach und von Karlsruhe, die aber entgegen dem Hauptverkehrsstrom und damit nahezu leer fahren.

- Darüber hinaus sollten die Verbindungen IR 2463 Heidelberg - Stuttgart durch ICE 1593 Frankfurt - Stuttgart und die IR-Linie Karlsruhe - Straßburg durch eine EC-Linie Frankfurt - Straßburg gestrichen und durch andere Züge ersetzt werden.
 
 Entsprechend der nach schwierigen und langen Verhandlungen zwischen dem Umwelt- und Verkehrsministerium und der DB AG getroffenen Regelung bietet die Bahn ab dem Fahrplanwechsel Anfang Juni 2001 auf diesen Strecken folgende Leistungen:

- Auf der Südbahn fahren schnelle Züge zu den bisherigen Interregio Zeiten. Drei Zugpaare pro Richtung, davon ein Zugpaar mit IR Wagenmaterial, laufen umsteigefrei von Friedrichshafen über Ulm hinaus nach Stuttgart. Ein Zugpaar davon startet bereits in Lindau bzw. fährt bis Lindau durch. Bei den übrigen Zügen sind unmittelbare Umsteigeanschlüsse in Ulm gewahrt. Neue Halte wird es in Bad Schussenried und Laupheim-West als echte Zusatzleistung geben. Einsatz von redesigntem Wagenmaterial - das sind Züge mit komplett renovierter Innenausstattung - und bei zwei Verbindungen werden klassische IR-Wagen eingesetzt.

- Sämtliche Interregioverbindungen der Schwarzwaldbahn zwischen Konstanz und Karlsruhe werden mit redesignten Waggons weitergefahren. Haltestellenauswahl bleibt wie sie war. IC- und ICE-Anschlüsse werden in Offenburg und/oder Karlsruhe angeboten

- Im Filstal bleibt der Stundentakt vollständig erhalten. Die ersatzweise fahrenden schnellen Sprinterzüge bedienen alle bisherigen IR-Halte und IR-Zeiten. Eine Verbesserung gibt es durch die zusätzliche Verbindung ab Ulm um 8.54 Uhr mit Ankunft in Stuttgart um 9.57 Uhr mit neuem Halt in Geislingen. Dieser Zug kommt von Friedrichshafen.

- Eine neue Verbindung wird von Crailsheim in der Morgenlage mit Ankunft in Stuttgart kurz nach acht Uhr eingerichtet. Berufspendler können nachmittags mit einen weiteren Sprinterzug von Stuttgart um 16.28 Uhr nach Crailsheim fahren

- Der IR "Rennsteig" wird durch eine Verbindung Stuttgart - Würzburg mit neuem Haltepunkt in Kirchheim/Neckar ersetzt

- Verbindung Heidelberg - Stuttgart: Für den entfallenden IR 2463 (Heidelberg ab 7.20 Uhr) wird der bislang von Mannheim direkt nach Stuttgart verkehrende IR 2463 - nach bisheriger Verhandlungslage leider ohne Halt in Wiesloch - nach Stuttgart fahren.

- Für die nicht ersetzten Züge - vor allem die Zugpaare aus und nach Karlsruhe, ein weiteres Zugpaar auf der Murrbahn und einige Verbindungen von Stuttgart nach Mannheim - konnten bedauerlicherweise keine Ersatzlösungen gefunden werden, insbesondere deshalb, weil nach Auskunft der Bahn für die Neubaustrecke Stuttgart - Mannheim kein technisch geeignetes Wagenmaterial zur Verfügung steht. In Vaihingen/Enz bestehen Umsteigemöglichkeiten in den IC nach Mannheim, aber leider nicht zuschlagfrei.

Nach Darstellung des Staatssekretärs ist das Land den von der Bahn angekündigten IR-Streichungen mit einer zweigleisig gefahrenen Strategie begegnet. Zum einen sei mit der DB AG über den Fortbestand der Verbindungen gesprochen worden. Zum anderen habe das Umwelt- und Verkehrsministerium private Schienenverkehrsunternehmen, die von sich aus Interesse an der Übernahme von Interregiostrecken bekundet haben, aufgefordert, konkrete Angebote vorzulegen. Aus einer Gruppe von fünf privaten Schienenunternehmen habe sich im Verlauf der Gespräche das ernsthafte Interesse der Mittelthurgau-Bahn und der Eurobahn/Südbahngesellschaft an einer sofortigen Aufnahme von Verkehren auf Süd- und/oder Schwarzwaldbahn herauskristallisiert. Alle übrigen Verbindungen wären allerdings bei dieser Lösung auf der Strecke geblieben. Alle fünf Unternehmen hätten darüber hinaus ihr Interesse an einer künftigen Übernahme von Verkehren - nach 2002 - nachdrücklich geäußert. "Wir haben uns im Moment für eine zeitlich befristete Zusammenarbeit mit der DB AG entschlossen. Wenn die Rahmenbedingungen des von der Bahn als komplett neu angekündigten Personenverkehrskonzepts und die neuen Trassenpreise sowie die Fortschreibung der Regionalisierungsmittel bekannt sind, können sich alle konkurrierenden Schienenunternehmen mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf als leistungsfähige Wettbewerber präsentieren", führte Mappus aus.

Wie der Staatssekretär erklärte, musste von einer Zusammenarbeit mit privaten Eisenbahngesellschaften schon ab dem 10. Juni 2001 u.a. deshalb abgesehen werden, weil zum jetzigen Zeitpunkt die Bewerber nur Lösungen für Verkehre auf der Süd- und der Schwarzwaldbahn angeboten haben. Zudem hätten Zweifel an der Realisierbarkeit in so kurzer Zeit nicht ausgeräumt werden können. Nur die Bahn habe eine Lösung für ganz Baden-Württemberg sicherstellen können und sei dazu bereit und unmittelbar in der Lage gewesen. Außerdem seien Fragen der Trassennutzung, der durchgängigen Geltung von Fahrkarten beim Übergang von privaten Zuganbietern auf das DB-Netz oder die Sicherstellung von mengenmäßig ausreichendem und qualitativ akzeptablem Wagenmaterial bis zuletzt nicht geklärt gewesen. "Die jetzt gewählte Lösung hält für alle Beteiligten - Land, DB AG und private Eisenbahngesellschaften - ab 2003 alles offen", so der Staatssekretär.

Die Qualitätsoffensive Baden-Württemberg, die zwischen Land und DB AG vertraglich vereinbart wurde, ermöglicht deutliche Verbesserungen im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs. Seit der Regionalisierung ist es dem Land gelungen, das Fahrplanangebot um 34 % zu steigern und mit 24 % erhebliche zusätzliche Fahrgastpotentiale auf Dauer für den umweltfreundlichen Nahverkehr zu gewinnen. Obwohl - auch mit erheblichen Zuschüssen des Landes - in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Nahverkehrsfahrzeuge angeschafft wurde, kann die Verkehrsnachfrage nur befriedigt werden, indem ältere Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Strecken, auf denen sog. redesignte Wagen fahren, erhalten von den Bahnkunden deutlich bessere Noten. "Wir werden in diesem und im nächsten Jahr insgesamt 29,5 Mio. DM in die Verbesserung des Wagenmaterials investieren. Damit ist bei einem Teil der Waggons die gründliche Renovierung der Innenausstattung, bei anderen die Nachrüstung von Heizungs- und Lüftungsanlage oder ein neuer graffitiresistenter Außenanstrich möglich. Diese Fahrzeuge werden Zug um Zug auf Vordermann gebracht und auf unterschiedlichen Nahverkehrsstrecken des Landes eingesetzt", sagte Staatssekretär Mappus.

In Baden-Württemberg seien noch ca. 800 "Silberlinge* unterwegs, von denen über 200 noch keinerlei Überholung seit ihrem ersten Einsatz bekommen hätten. Die vereinbarte Qualitätsoffensive setze bei diesen Waggons an. Für die Qualitätsoffensive zum jetzigen Zeitpunkt habe sich das Land entschlossen, weil die Bahn bei ihrer bekannt schwierigen Finanzsituation der dringend notwendigen Modernisierung nicht zeitnah hätte nachkommen können. "Baden-Württemberg braucht jetzt bessere Fahrzeuge und nicht erst am Sankt Nimmerleinstag. Mit dem finanziellen Einsatz sind wir in die Offensive gegangen und haben dieses Engagement gleichzeitig zur Bedingung für eine befriedigende Lösung im Interregiobereich gemacht", sagte Stefan Mappus.

Einen Extrabonus für den Geldbeutel können Bahnkunden verbuchen, denn mit der künftig von der DB Regio erbrachten Leistung auf wegfallenden Interregiostrecken erweitert sich der Geltungsbereich der beiden Schnäppchenfahrkarten, die im Land angeboten werden. Das Baden-Württemberg-Ticket - eine Fahrkarte für 40 DM für bis zu fünf Personen- gilt auch in den ersetzten IR-Verbindungen (Ersparnis 20 DM). Das Land setzt sich außerdem dafür ein, dass bei den im Frühjahr anstehenden neuen Tarifgenehmigungen für das Länderticket die bisherigen Sperrzeiten während der morgendlichen und abendlichen Hauptverkehrszeiten aufgehoben werden. Dann würde das Baden-Württemberg-Ticket rund um die Uhr gültig sein. Das Schöne-Wochenende-Ticket ist seit jeher auf den Nahverkehr beschränkt. Künftig kann man damit auch in allen Zugverbindungen, die entfallende Interregios ersetzen, beliebig oft einsteigen - mit ebenfalls fünf Personen auf einen Schlag.

Staatssekretär Mappus äußerte seine Genugtuung über die gefundene Lösung, verwies aber auch darauf, dass das Land das Geschäft der Bahn bzw. des Bundes erledigt. "Wenn wir nicht eingegriffen hätten, wären wichtige Fernverkehrsverbindungen ersatzlos gestrichen und ganze Regionen vom Fernverkehr abgehängt worden. Wir werden die gewonnene Zeit bis Ende 2002 nutzen, um auf Bundesebene die Frage der Verantwortung für die Anbindung auch der Fläche zu klären und im Land unter Einschluss der privaten Eisenbahnen nach einer dauerhaften Lösung suchen. Klar muss aber auch sein, dass niemand leere Züge fahren lassen kann und deshalb sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, die jetzt geretteten Verbindungen auch zu nutzen, sagte Staatssekretär Mappus.