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INTERESSANTE ZEITUNGSMELDUNGEN

 

 

Quelle

Stuttgarter Zeitung

Erscheinung

28.10.00

Schlagzeile

Manche warten begierig auf das Ende des InterRegios

 

MANCHE WARTEN BEGIERIG AUF DAS ENDE DES INTERREGIOS

Die Regierungschefs der 16 Bundesländer folgen Baden-Württemberg und wenden sich gegen die Pläne der Bahn, Interregios zu streichen. Derweil melden sich mehr und mehr Interessenten, die diese Strecken fahren wollen. Eine starke Position fürs Land, könnte man meinen. Der Druck auf die Bahn nimmt zu. Bis zum Jahreswechsel muss sie daran denken, die neuen Fahrpläne zu drucken. Nur: Stehen da Interregioverbindungen noch von Hamburg bis Konstanz drin, oder enden sie in Karlsruhe? Und wie ist es mit der Südbahn Ulm-Lindau? Geht es nach der Bahn AG, fallen diese Verbindungen genauso weg wie der Interregio über Crailsheim nach Nürnberg.

Baden-Württembergs Umwelt- und Verkehrsminister Ulrich Müller (CDU) setzt auf Druck. Dieser hat sich erhöht, seit die Spitzen der Bundesländer einstimmig ihren Unmut gegen die Streichpläne in eine Resolution gegossen haben. Das werde in Berlin schon etwas bewirken. In Berlin sitzt die Bundesregierung, aber auch die Deutsche Bahn AG. Müller setzt sein Ziel hoch. Er will durchgehende Züge, eben von Hamburg bis Konstanz. Wie viel Mühe hat es gekostet, solch lange Strecken hinzubekommen! Die Leute müssen nicht mehr umsteigen, was immer ein Nachteil für die Schiene ist. Da will das Land sehr ungern wieder zurück zu gebrochenen Linien. Man würde es sich ja auch etwas kosten lassen, wenn die Bahn spurt. Die argumentiert mit mangelnder Wirtschaftlichkeit. Wie viel der Bahn denn konkret fehle, um die Gewinnzone zu erreichen, wollten die Ministerialen wissen; vielleicht könne das Land helfen, die Finanzlücke zu schließen; vielleicht würde der Bund mitmachen.

Nix da! Die Bahn will überhaupt nicht. So der Eindruck der verärgerten Verkehrsministerialen. Der Minister schimpft im Landtag und setzt damit vor allem ein Zeichen, denn heftigen offenen Streit mit der Bahn will er sich auf der anderen Seite auch nicht leisten. Da ist ja noch das schwebende Prestigeprojekt Stuttgart 21. Dafür braucht die Landesregierung eine wohlwollende Bahn. Die Bahn will sich ihrerseits nicht "für ein paar Mark'' im Fernverkehr vertraglich binden, erklärt ihr Stuttgarter Obmann Peter Schnell. Daran ändere auch die Front der Ministerpräsidenten nichts. Wenn es in dem Bereich ein wirtschaftliches Problem gebe, müsse man sofort handeln und nicht erst, wenn sich Bundes- und Landespolitiker verständigt haben oder auch nicht. Wenn man die Interregiostrecken aber zu Nahverkehr erkläre, dann könne man über vieles reden.

So sehen die DB-Leute auch "gelassen'', dass sich immer mehr Konkurrenz meldet, die das Land darauf aufmerksam macht, "dass wir interessiert und in der Lage wären'', dort einzusteigen, wo die Bahn aussteigen will. Der Heidelberger Nahverkehrsberater Felix Berschin tritt für französisch-britische Verkehrsdienstleister auf. Diese Woche hat sich ein Eisenbahnunternehmen aus der Schweiz gemeldet. Außerdem, heißt es, formieren sich schwäbische Kapitalgeber, die gleichfalls Interesse am Betrieb von Schwarzwald- und Südbahn haben.

Kann es sein, dass die Bahn Gewinnchancen übersehen hat? Ihre Konkurrenten sehen den Grund dafür in der Aufteilung der AG in mehrere Geschäftsbereiche. Während der Nahverkehr staatlich subventioniert wird, muss sich der Fernverkehr selbst tragen. Bei der gegenwärtig stündlichen Verbindung von Karlsruhe nach Konstanz zum Beispiel wechseln sich ein dem Fernverkehr zuzurechnender Interregio und ein nahverkehrender Regionalexpress ab. Bei getrennter Rechnung fährt der Interregio im Minus, der Regionalexpress im fetten Plus. Die Bahn AG rechne getrennt, die anderen Anbieter aber nicht. Sie sehen sich bei sogar konstanter staatlicher Bezuschussung für den Betrieb beider Verbindungen in schwarzen Zahlen. Das kann man im Verkehrsministerium nicht so recht glauben und will sich die Kalkulationen erst noch genauer vorrechnen lassen. Schließlich hat man im Land einige Erfahrung mit anderen Schienenunternehmen als der DB. Die sind in ihrer Kostenrechnung nicht weit von den Zahlen der Bahn AG entfernt. Wenn es denn zu einer Neuordnung des Interregioverkehrs im Schwarzwald und zum Bodensee käme, würden sicher auch die gefragt - und die Konkurrenz noch größer.