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Quelle

Südkurier  ;   www.skol.de

Erscheinung

29.09.00

Schlagzeile

Die Schwarzwaldbahn sucht ihre Zukunft

 

DIE SCHWARZWALDBAHN SUCHT IHRE ZUKUNFT

Nach den bekannt gewordenen InterRegio-Streichplänen der Bahn ringt die Region um ihren Schienenverkehr

Es ist beinahe zum alljährlichen Ritual geworden: Die Bahn lässt durchblicken, dass sie ihr InterRegio-Angebot ausdünnen möchte. Daraufhin protestieren Kommunen, Kammern und Landespolitiker. Die Bahn hat dann teilweise ein Einsehen und lässt die Kürzungen weniger drastisch ausfallen, als ursprünglich geplant. Zum Fahrplanwechsel im Mai 2001 aber könnte es anders aussehen. Der Fernverkehr auf der Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Konstanz und auf etlichen anderen InterRegio-Strecken in Deutschland soll generell wegfallen. Deshalb rückt eine Grundsatzentscheidung näher: Wie kann in Zukunft gewährleistet werden, dass die Touristik-Region Schwarzwald/Bodensee attraktiv an den Schienenfernverkehr angebunden bleibt?

Entlang der Schwarzwaldbahn hat sich bereits vor knapp zwei Jahren der Protest gegen mögliche Streichpläne der Bahn formiert. Unter dem Vorsitz von St. Georgens Bürgermeister Wolfgang Schergel agiert die Interessengemeinschaft Schwarzwaldbahn. Mitglieder sind praktisch alle Gemeinden, Landkreise, Regionalverbände und Kammern entlang der Bahn zwischen Ortenau und Bodensee. Sie machen mit konstruktiven Vorschlägen für eine erneuerte Schwarzwaldbahn mobil. Hilfestellung erhielten sie durch ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten, das ausloten sollte, wie dem Zugverkehr auf der Schwarzwaldbahn langfristig eine Perspektive gegeben werden könnte.

Kernvorschlag des Gutachtens, das der Tübinger Nahverkehrsberater Ulrich Grosse zusammen mit dem Schweizer Beratungsunternehmen SMA&Partner erarbeitet haben: Zwischen Konstanz und Offenburg verkehrt im strengen Stundentakt eine Art InterRegio-Express, eine Kreuzung aus den jetzigen InterRegios und den Nahverkehrszügen vom Typ RegionalExpress. Dieser IRE, wie ihn die Gutachter nennen, bedient all jene Haltestellen, die auch der heutige RegionalExpress anfährt. Ein Bummelzug soll es deshalb keineswegs sein. Die Fahrzeit soll gegenüber dem InterRegio von heute um fünf Minuten kürzer ausfallen. Das soll erreicht werden, indem man anstatt lokbespannter Züge Triebwagenzüge verkehren lässt. Ins Auge gefasst haben Grosse und SMA-Partner die Baureihe ET425/ET426, deren Höchstgeschwindigkeit mit 160 km/h angegeben wird. Attraktiver soll die Schwarzwaldbahn auch dadurch werden, dass sie unterwegs besser, als das heute der Fall ist, mit anderen Bahn- und Buslinien vernetzt wird. Wünschenswert aus Sicht der Gutachter wäre ferner eine Verlängerung dieses IRE einerseits in Richtung Straßburg von dort aus soll ab 2006 der TGV in zweieinhalb Stunden Paris erreichen und natürlich in Richtung Karlsruhe und Mannheim.

Für den Tourismus wird vorgeschlagen, den InterRegio, der bislang von Norddeich übers Ruhrgebiet und Karlsruhe nach Freiburg und Seebrugg verkehrt, in Offenburg zu teilen und einen Zugteil außerhalb des Takts und mit großzügigeren Umsteigezeiten über die Schwarzwaldbahn nach Konstanz zu schicken. Dass sich eine solche Lösung auch rechnen könnte, machen die Gutachter an drei Tatsachen fest: Zum einen sind moderne Triebwagenzüge in Unterhalt und Betrieb preisgünstiger als lokbespannte Züge. Dann würde der Stundentakt mit einem einheitlichen Produkt auch bedeuten, dass anstatt der jetzigen acht nur fünf oder sechs Fahrzeuggarnituren vorgehalten werden müssten. Dies wiederum würde auch die Personalkosten senken können, da sich Warte- und Wendezeiten in Konstanz und Offenburg verringern würden. Wermutstropfen für InterRegio-Freunde: die von den Gutachtern erwähnten Triebwagenzüge fahren ohne Bistro-Cafe. Aber auch hierfür wären Lösungen denkbar: Der Doppelstocktriebwagen ET445, wie er bei Dresden auf der landschaftlich ebenfalls sehr reizvollen Strecke nach Bad Schandau eingesetzt werden soll, böte eine Reihe von Möglichkeiten für Sonderabteile. Außerdem vermittelt er im oberen Stockwerk Panoramagefühle. Darüberhinaus fordern die Gutachter eine bessere Vermarktung. Triberger Wasserfälle, mittelalterliche Stadtbilder, Uhrenstraße, Donauquelle und -versickerung an Themen mangelt es nicht, um eine Fahrt auf der Schwarzwaldbahn zu bewerben. Wörtlich heißt es dazu im Gutachten: "Im Gegensatz zum Nachbarland Schweiz, wo fast für jede Strecke attraktive touristische Pakete geschnürt werden, begnügt man sich hierzulande mit dem Produzieren von Fahrleistungen, die hinsichtlich ihrer vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten nicht entsprechend beworben werden."

Das Echo auf das Gutachten ist bislang noch sehr verhalten. Nach Auskunft von St. Georgens Bürgermeister Wolfgang Schergel habe weder das Land, noch die Bahn eine offizielle Stellungnahme abgegeben. Von der Bundesregierung gab es auch nur allgemeine Vertröstungen von wegen, man bleibe mit den Betroffenen im Gespräch", erzählte Schergel dem SÜDKURIER. Daß auch das Gutachten für den InterRegio in der heutigen Form keine Zukunft sieht, nimmt Schergel gelassen zur Kenntnis: Wir sehen das auch pragmatisch.  Einige Züge über den Schwarzwald sind ja wirklich nicht voll.